Frühling

 

 Frühling, bist du wiedergekommen?

Lieblicher Lenz, du lachendes Kind!

 Kommst du auf dem Fluß geschwommen?

 Oder kommst du mit dem Wind?

 

Unter den weichen singenden Wellen,

 Aus den Wassern melodisch klar,

 Über die Hügel, die waldig schwellen,

 Luget dein kluges Augenpaar.

 

 Schaue ich nur in dein sonniges Auge,

Küsse ich nur deinen wonnigen Mund,

 Trink ich von deinem blühenden Hauche,

Wird auch mein winterlich Herze gesund!

 Ludwig Eichrodt (1827 - 1892)

*

 Frühling

 

 Frühling, bist du wiedergekommen?

Lieblicher Lenz, du lachendes Kind!

 Kommst du auf dem Fluß geschwommen?

 Oder kommst du mit dem Wind?

 

Unter den weichen singenden Wellen,

 Aus den Wassern melodisch klar,

 Über die Hügel, die waldig schwellen,

 Luget dein kluges Augenpaar.

 

 Schaue ich nur in dein sonniges Auge,

Küsse ich nur deinen wonnigen Mund,

 Trink ich von deinem blühenden Hauche,

Wird auch mein winterlich Herze gesund!

 Ludwig Eichrodt (1827 - 1892)

*

Bin heut im erstarrten Garten gewesen,

Wo ich in Deinem Auge einst Lieder gelesen;

Wo die Biene den Tropfen Seligkeit sog,

Und wie ein Stückchen Himmel der Schmetterling flog.

Wo der Mond aufstieg wie der Liebe Lob,

 Wie ein Herz das sich von der Erde hob,

Und wo jetzt die Wurzeln der Blumen verwesen,

 Hab ich in toten Blättern noch Lieder gelesen.

Max Dauthendey (1867 - 1918)

 

Herbst (1833)

 

Nun ist es Herbst, die Blätter fallen,

Den Wald durchbraust des Scheidens

Weh; Den Lenz und seine Nachtigallen

 Versäumt ich auf der wüsten See.

 

 Der Himmel schien so mild, so helle,

Verloren ging sein warmes Licht;

 Es blühte nicht die Meereswelle,

Die rohen Winde sangen nicht.

 

Und mir verging die Jugend traurig,

Des Frühlings Wonne blieb versäumt;

Der Herbst durchweht mich trennungschaurig,

Mein Herz dem Tod entgegenträumt.

 Nikolaus Lenau (1802 - 1850)

Sein Blut ist kühl und starr wie Eis,

Doch nie seine Treue wankt;

Wie oft hab ich mich nächtlicherweis

Mit ihm herumgezankt!

 

Da rüttelt er mir am Gartentor

 Und stampft auf den Beeten herum,

Er schimpft mich einen sanguinischen Tor,

Leichtgläubig und herzlich dumm!

 

Viel Hoffnungen zieh ich in Scherben auf

Am kalten Sternenschein,

 Da ist er besonders versessen drauf

Und stürmt auf sie herein.

 

Ich balge mich immer, so gut ich kann,

 Um jedes grüne Reis;

Er aber entrupft sie, der harte Mann,

 Den Scherben büschelweis.

 

Doch die mir der Alte stehenläßt,

 Die sind erprobt und gefeit!

Die sind gelenzet und frühlingsfest

Und der Erfüllung geweiht!

Gottfried Keller (1819 - 1890)

 

 

 

Sommer

 

Es war ein solcher Vormittag

 

 Es war ein solcher Vormittag,

wo man die Fische singen hörte,

kein Lüftchen lief, kein Stimmchen störte,

 kein Wellchen wölbte sich zum Schlag.

 

 Nur sie, die Fische, brachen leis

 der weit und breiten Stille Siegel

und sangen millionenweis' dicht

 unter dem durchsonnten Spiegel.

Christian Morgenstern

Die Sonne – Sinnbild ihres Schöpfers

 

Die Sonne ist das Auge der Welt,

die Freude des Tages,

die Schönheit des Himmels,

 die Anmut der Natur,

das Juwel der Schöpfung.

 

Denke, sooft du sie schaust,

an ihren Meister! Preise,

sooft du sie bewunderst, ihren Schöpfer!

Wenn schon die Sonne,

die Sein und Schicksal der Schöpfung teilt,

so lieblich strahlt, wie gut muss

jene »Sonne der Gerechtigkeit« sein!

Ambrosius (um 340 - 397)

*

Der Caucasus 

 

Mir zu Häupten Wolken wandeln,

Mir zur Seite Luft verwehet,

Wellen mir den Fuß umspielen,

Thürmen sich und brausen, sinken. –

 Meine Schläfe, Jahr' umgauklen,

 Sommer, Frühling, Winter kamen,

Frühling mich nicht grün bekleidet,

Sommer hat mich nicht entzündet,

Winter nicht mein Haupt gewandelt.

Hoch mein Gipfel über Wolken

Eingetaucht im ew'gen Äther

 Freuet sich des steten Lebens.

 Karoline von Günderrode (1780 - 1806

*

 Sieh, wie sie leuchtet,

 Wie sie üppig steht,

Die Rose – Welch satter Duft zu dir hinüberweht!

 Doch lose

 Nur haftet ihre Pracht – Streift deine Lust sie,

 Hältst du über Nacht

 Die welken Blätter in der heißen Hand …

 Sie hatte einst den jungen Mai gekannt

Und muss dem stillen Sommer nun gewähren –

Hörst du das Rauschen goldener Ähren?

Es geht der Sommer über's Land …

Thekla Lingen (1866 - 1931)

*

O wonnigliche Reiselust,

 an dich gedenk ich früh und spat!

 Der Sommer naht, der Sommer naht,

Mai, Juni, Juli und August, da quillt empor,

 da schwillt empor das Herz in jeder Brust.

 

Ein Tor, wer immer stille steht,

drum Lebewohl und reisen wir!

Ich lobe mir, ich lobe mir die Liebe,

die auf Reisen geht!

 Drum säume nicht und träume nicht,

 wer meinen Wink versteht.

August von Platen-Hallermünde

(Graf Platen) (1796 - 1835)

*

Der Sommer 

Wenn dann vorbei des Frühlings Blüte schwindet,

So ist der Sommer da, der um das Jahr sich windet.

Und wie der Bach das Tal hinuntergleitet,

So ist der Berge Pracht darum verbreitet.

Dass sich das Feld mit Pracht am meisten zeiget

, Ist, wie der Tag, der sich zum Abend neiget;

 Wie so das Jahr verweilt, so sind des Sommers Stunden

 Und Bilder der Natur dem Menschen oft verschwunden.

 Friedrich Hölderlin

*

Dorfkirche im Sommer

 

 Schläfrig singt der Küster vor,

Schläfrig singt auch die Gemeinde,

Auf der Kanzel der Pastor

 Betet still für seine Feinde.

 

Dann die Predigt, wunderbar,

Eine Predigt ohne Gleichen.

Die Baronin weint sogar Im Gestühl,

 dem wappenreichen.

 

Amen, Segen, Thüren weit,

Orgelton und letzter Psalter.

 Durch die Sommerherrlichkeit

Schwirren Schwalben, flattern Falter.

Detlev von Liliencron (1844 - 1909

Willkommen, lieber Winter,

 Willkommen hier zu Land!

 Wie reich du bist, mit Perlen

 Spielst du, als wär' es Sand!

 

 Den Hof, des Gartens Wege

Hast du damit bestreut;

Sie an der Bäume Zweige

 Zu Tausenden gereiht.

 

 Dein Odem, lieber Winter,

 Ist kälter, doch gesund;

Den Sturm nur halt' im Zaume,

 Sonst macht er es zu bunt!

 Elisabeth Kulmann (1808 - 1825),

deutsch-russische Dichterin

Garten der Poesie 0