Das bescheidene Bäumlein
Der Wind rauscht durch den Wald
und bringt ersehnte Kunde:
„Nun kommt das Christkind bald
und macht im Forst die Runde
und sucht die schönsten Tännlein aus
und lässt die flink von Haus zu Haus
durch seine Boten tragen.“
Die Tännlein nicken Dank-
„das Christkind mag nur kommen,
sind wir doch schmuck und schlank.“
Ein einz’ges seufzt beklommen:
„Ach, wo so gar viel schön’re sind,
da lässt gewiss das heil’ge Kind
mich unbeschadet stehen.“
Und als das Christkind kam,
da ging es an ein neigen;
es suchte still und nahm,
die mit den schönsten Zweigen,
und endlich trat’s dem Tännlein nah,
das stand verzagt und traurig da;
da sprach das Christkind lächelnd:
„Du stehst so tief bedrückt,
so schüchtern und bescheiden
und doch so reich geschmückt;
so mag ich gern es leiden.
Du sollst mein liebes Bäumchen sein
und bald mit hellem Kerzenschein
vor allen lieblich prangen.
Mit Früchten will ich dir
die grünen Zweiglein schmücken,
dann, Tännlein wollen wir
ein armes Kind beglücken,
und über deiner Zweige Kranz
soll, hell umstrahlt von Licht und Glanz,
der Weihnachtsengel schweben.“
Julius Sturm