Gedanken zum 4. Advent
Die letzte Kerze an unserem Adventskranz wird angezündet. Die Päckchen und Pakete sind längst gepackt und liegen bereit für den Heiligen Abend. Das junge Paar, Maria und Josef, sehen vermutlich bereits die Türme von Bethlehem aus der Ferne. Nicht mehr lange und die Wehen werden einsetzen. Werden sie ein Quartier finden? Und wie sieht es bei uns daheim aus? Auch wir sind mit dem Endspurt beschäftigt. Wird die Gans, die wir beim Bauern bestellt haben, auch halten was sie verspricht? Wird sich Überraschungsbesuch ankündigen? Haben wir genug eingekauft, ums alle zu bewirten? Sind wir doch mal ehrlich zu uns selbst. Sind es nicht alles Lappalien, die uns das Leben vermeintlich schwermachen? Denken wir an Maria und Josef, ist es doch gar nichts, worum wir uns sorgen und die Nerven aufreiben. Oder wollen wir unsere Sorgen, wirklich mit denen von Maria vergleichen? Wie gut haben es doch heute die jungen Frauen, wenn sie vor einer Entbindung stehen. Bereits in der Vorsorge kümmert sich unser Gesundheitssystem um uns. Ein frisch eingerichtetes Kinderzimmer wartet auf den Säugling. Nicht jedes Kind auf der Welt wir so fürsorglich empfangen wie unsere Kinder hier in Europa. Nur noch wenige Tage bis zum Fest. Setzen wir uns hin, atmen einmal durch, zünden uns die Kerzen am Adventskranz an und brühen uns einen Tee. Einmal zur Ruhe kommen und an den Sinn der Adventszeit denken.
Und bald können wir einstimmen
Ein Weihnachten ohne dieses Gedicht ist für mich undenkbar,
die Heimat meiner Ahnen.
Kaschubisches Weihnachtslied
Wärst du, Kindchen, im Kaschubenlande,
wärst du, Kindchen, doch bei uns geboren!
Sieh, du hättest nicht auf Heu gelegen,
wärst auf Daunen weich gebettet worden.
Nimmer wärst du in den Stall gekommen,
dicht am Ofen stünde warm dein Bettchen,
der Herr Pfarrer käme selbst gelaufen,
dich und deine Mutter zu verehren.
Kindchen, wie wir dich gekleidet hätten!
Müßtest eine Schaffellmütze tragen,
blauen Mantel von kaschubischem Tuche,
pelzgefüttert und mit Bänderschleifen.
Hätten dir den eig'nen Gurt gegeben,
rote Schuhchen für die kleinen Füße,
fest und blank mit Nägelchen beschlagen!
Kindchen, wie wir dich gekleidet hätten!
Kindchen, wie wir dich gefüttert hätten!
Früh am Morgen weißes Brot mit Honig,
frische Buiter, wunderweiches Schmorfleisch,
mittags Gerstengrütze, gelbe Tunke,
Gänsefleisch und Kuttelfleck mit Ingwer,
fette Wurst und gold'nen Eierkuchen,
Krug um Krug das starke Bier aus Putzig!
Kindchen, wie wir dich gefüttert hätten!
Und wie wir das Herz dir schenken wollten!
Sieh, wir wären alle fromm geworden,
alle Knie würden sich dir beugen,
alle Füße Himmelwege gehen.
Niemals würde eine Scheune brennen,
sonntags nie ein trunk'ner Schädel bluten, —
wärst du, Kindchen, im Kaschubenlande,
wärst du, Kindchen, doch bei uns geboren!
Werner Bergengruen