Weihnachten, Zeit der Träume und der Märchen. Dies gilt nicht nur für unsere Jüngsten, sondern durch alle Altersklassen hindurch bis ins hohe Alter. Märchen bringen uns längst vergessene Kinderträume zurück. Sie lassen uns noch einmal eintauchen ins Reich der Fantasie. Ob vor hundert Jahren oder heute, Träume werden nie alt und wollen immer geträumt werden. Ob wir nun mit unseren Kindern und Engeln gemeinsam, beim Licht der Kerzen, oder alleine still für uns, Märchen sind immer wieder schön.

Wird es kühler draußen und wir ziehen uns mehr in unsere Wohnungen zurück, sehnen wir uns nach einem guten Buch, nach Handarbeiten oder Basteleien. Wie war das in unserer Kindheit, als wir heimlich kleine Gaben für die Eltern oder Großeltern bastelten? Wie meinen Sie, heute werden die Ansprüche größer, da gibt man sich doch nicht mehr mit Kleinigkeiten zufrieden! Das war einmal! Wer so denkt, hat etwas Wesentliches vergessen, die wahre Freude. Ich erlebe es immer wieder, wie ehrlich und groß die Freude bei kleinen Gaben sein kann.

In diesem Sinnen wünsche ich Ihnen besinnliche Stunden beim Lesen von Märchen und Geschichten. 

Sören feiert Weihnachten


Auf einer kleinen Insel im Meer lebt Sören. Wie alle Kinder kann er es kaum erwarten, bis der Weihnachtsmann vor der Tür steht. In diesem Jahr aber hat Sören eine große Sorge. Seit Tagen tobt der Sturm auf dem Meer, schon längst kam das Postschiff nicht mehr. ‚Wie soll es da der Weihnachtsmann schaffen?’, überlegt der Junge immer wieder. ‚In diesem Jahr wird wohl Weihnachten ausfallen’. Abends wenn er im Bett lag, lauschte er dem Tosen des Sturmes. Er ist das erste Mal etwas traurig darüber, auf einer Insel zu wohnen.
In dieser Nacht träumte er von der Bescherung am Heiligen Abend. Der Tannenbaum stand im Lichterglanz, jedoch lagen keine Geschenke darunter. Traurig erwachte er am nächsten Morgen. „Junge was hast du nur?“, fragte die Mutter als sie ihm ins Gesicht sah. „Morgen ist Weihnachten, da solltest du dich doch freuen!“ „Ich kann mich nicht freuen, bei dem Sturm kann der Weihnachtsmann nicht kommen“, antwortete er. „Der Weihnachtsmann kommt immer“, lächelte die Mutter, „da mache dir mal keine Sorgen.“ Sören jedoch konnte in diesem Falle nicht der Beteuerung der Mutter glauben.
Am nächsten Morgen war der Jungen noch bedrückter. Heute war der Heilige Abend und immer noch wütete es draußen. So sehr, dass man keinen Fuß vor die Tür setzen konnte. Die Stunden schlichen dahin. Sie zogen sich wie Gummi. Die Mutter war gerade dabei den Kaffeetisch abzuräumen. ‚Jetzt wäre der Weihnachtsmann gekommen’, denkt Sören, in sein Schicksal ergeben. Da …, was war das? Gespenstische Stille setzte ein. Nach Tagen des Sturmes, der mit mächtigem Brausen daher gekommen war, lag das Meer wie ein glatter Spiegel um die Insel. Der Junge hielt den Atem an. Kaum hatte er sich an diese Stille gewöhnt, da polterte es mächtig an der Tür. Sören zuckte richtig zusammen vor Schreck. Knarrend öffnete sich die Tür und ins Zimmer trat der Weihnachtsmann.
„Und du hast wirklich gedacht, dass den Weihnachtsmann etwas aufhalten kann?“, sprach er den Jungen an. „Aber die Post hat es doch auch nicht geschafft“, entgegnete Sören leise. „Ich bin der Weihnachtsmann, mich hält nichts auf und nun möchte ich dein Gedicht hören.“ Vor Aufregung kam der Junge ins Stottern, was der Weihnachtsmann in dieser besonderen Lage lächelnd übersah. Dann öffnete er seinen schweren, großen Sack und teilte seine Gaben aus.
Als die Mutter am Abend ihren Sohn ins Bett brachte, meinte dieser: „Das war mein allerschönstes Weihnachtsfest!“ Glücklich schloss er die Augen und fiel in einen märchenhaften Schlaf. (Christina Telker)

Der Adventskalender

 

Mandy lag träumend im Bett, ihre Augen wanderten wie von selbst in ihrem Zimmer herum. Gerade hatte Mutti ihr eine gute Nacht gewünscht und ihr ein Weihnachtsmärchen erzählte. Mutti konnte so schön erzählen, dass Mandy meinte es selbst zu erleben. In der Adventszeit liebte sie diese Geschichten besonders. Mandy wünschte sich in jedem Jahr einen Bilderkalender, der sie mit 24 Türchen bis zum Weihnachtsfest begleitete. Zu jedem Türchen das Mandy öffnete, dachte sich Mutti eine Geschichte aus. Heute war das Christkind mit seinem goldenen Schlitten zu sehen. Muttis Geschichte endete wie das Christkind im Winterwald mit seinem Schlitten landete. Auf einem Mondstrahl war es von einer Wolke herab geschwebt, um nun den Kindern seine Gaben auszuteilen. „Ach, wenn ich das Christkind doch begleiten könnte“, dachte Mandy. „Ich wollte auch gar nichts haben, einfach nur auf dem goldenen Schlitten mitfahren.“ Immer wieder schaute sie zu ihrem Kalender, der sie magisch anzog. Und auf einmal … sie konnte es noch gar nicht fassen, saß sie vorn auf dem goldenen Schlitten direkt neben dem Christkind.

Die Schimmel trabten so schnell, dass der Wald nur so an ihnen vorbeiflog. Wo waren sie nur? Hier gab es nichts als Wald, tiefen verschneiten Wald. Durch den Schnee leuchtete der Wald in silbernem Glanz. Plötzlich merkte Mandy, dass sie fror und fing mächtig an zu zittern. Saß sie doch mit ihrem Nachthemd auf dem Schlitten. Schnell legte das Christkind ihr seinen schneeweißen Pelzmantel um und reichte ihr seine goldenen Stiefelchen. Mandy kam sich wie im Traum vor. Sie sah jetzt aus wie eine Prinzessin. Plötzlich ertönte aus der Ferne ein starkes Rauschen wie das eines Sturmes, das immer näher kam. „Was ist das?“, fragte Mandy. „Das ist Zauberer Eisig. Er ist sehr gefährlich. In jedem Jahr versucht er mir den Schlitten mit den Geschenken abzujagen. Bis jetzt ist es ihm noch nicht geglückt, aber wenn nicht bald ein Wunder geschieht, weiß ich keinen Rat mehr.“ „Ach wär ich doch jetzt in meinem warmen Bett“, dachte Mandy und bekam große Angst. Immer näher kam Eisig, die ersten Päckchen wurden von dem starken Schneesturm ergriffen und davon getragen. Ein höhnisches Lachen begleitete den Sturm. Die Schimmel waren am Ende ihrer Kraft, nur noch mühsam kämpften sie sich vorwärts. Da.,. ein heller Schein erstrahlte vom Himmel herab und schon stand ein winziges Wesen auf dem Schlitten mit einem Zauberstab in der Hand und gebot Eisig Einhalt. Mandy sah nur staunend und zitternd dem Treiben zu. Als Eisig den Kampf aufgab und der Mond sein strahlendes Licht zur Erde sendete wagte sich Mandy zu fragen: „Wer bist du, dass du kleines Wesen mehr Kraft hast als Eisig?“ „Ich bin die Weihnachtsfee. Mein Wunsch ist, das jedes Kind der Erde zu Weihnachten glücklich ist. Als ich nun mit meinem Fernrohr sah, dass Eisig euch bedrängte, kam ich euch schnell zur Hilfe. Meinem Zauberstab kann keiner Widerstand leisten.“ Nun staunte Mandy und schaute mit offenem Mund die Weihnachtsfee an. „Aber die verlorenen Pakete?!“ fragte sie dann. Nun nahm die Weihnachtsfee noch einmal ihren Zauberstab zur Hand und alle Geschenke waren wieder an ihrem Platz. Freudig bedankte sich das Christkind für die Rettung. Auch die Schimmel hatten sich wieder erholt und trabten fröhlich weiter. Schon bald  sahen sie in der Ferne die ersten Lichter einer Stadt leuchten. Ein großer, hell erleuchteter Weihnachtsbaum grüßte aus der Ferne.

 Der Weihnachtstag hatte begonnen, heute war der 24. Dezember. Mandy öffnete die Augen und sah Mutti vor sich, die ihr einen Gutenmorgenkuß gab. „Mutti gibt es eine Weihnachtsfee?“ fragte Mandy. „Aber natürlich mein Schatz!“, kam die Antwort. Ihr Geheimnis behielt Mandy für sich. Christina Telker

Der Weihnachtsmann fährt Dampflok

 

„Wann kommt der Weihnachtsmann?“, so löcherten die beiden Geschwister schon seit dem frühen Morgen ihre Eltern. Immer wieder erhielten sie die gleiche Antwort: „Nach dem Kaffeetrinken.“ Die Eltern bezogen sie in die Vorbereitungen mit ein, der Vater stellte mit Jörg den Tannenbaum auf,  zu viert schmückten sie ihn. Mutti und Ines bauten die Krippe auf. Jedes Jahr im Spätherbst brachten sie das Moos für die Krippe von ihren Spaziergängen aus dem Wald mit. Auch etwas Borke, die sie auf ihren Wanderungen gefunden hatten, sammelten sie für die Krippe.  So sah sie natürlicher und schöner aus, als die gekauften Krippen. Das Besondere an dieser Krippe war auch, dass die Familie sie selbst gefertigt hatte. Vor ein paar Jahren hatten sie damit begonnen. Jedes Jahr zum ersten Advent saßen sie beisammen und fertigten Krippenfiguren aus Ton, die nach dem Trocknen bemalt wurden.  Jeder fertigte eine Figur an. So hatte sich im Laufe der Jahre eine recht große Zahl von Figuren angesammelt und die Krippe veränderte sich in jedem Jahr etwas. Mittlerweile war es Mittag geworden. „Nach dem Essen unternehmen wir einen ausgiebigen Spaziergang“, kündigte der Vater an. Er wusste wie er seine Kinder begeistern konnte und die Wartezeit verkürzen. Die Mutter blieb daheim, um die letzten Vorbereitungen fürs Fest zu treffen. Kurz vor dem Kaffeetrinken kehrten die drei nach Hause zurück. Viel hatten die Kinder von ihren Beobachtungen im Wald zu berichten. Die Spurensuche war immer besonders spannend. Die selbst gebackenen Plätzchen schmeckten heute besonders gut. Nun war die Spannung aber bis zum Zerreißen gestiegen. „Wo bleibt nur der Weihnachtsmann“, konnte Ines ihre erneute Frage nicht mehr zurückhalten.

Ja wo blieb er nur? Der Weihnachtsmann war mit seinem schwer beladenen Schlitten aus dem Weihnachtsland unterwegs zu den Kindern in die Dörfer und Städte.  Schon waren die ersten Häuser des letzten Dorfes  in weiter Ferne in Sicht, als es plötzlich krachte und eine Kufe des Schlittens brach. Oh, weh, wie sollte es nun weiter gehen? Der Weihnachtsmann spannte die Rentiere aus und besah sich den Schaden. ‚Wie soll ich nur mit den vielen Geschenke zu den Kindern kommen?‘, überlegte er. In dem Moment hörte er neben sich eine Stimme: „Versuch`s doch mal mit mir.“ ‚Wer hatte denn da gesprochen?‘, der Weihnachtsmann sah sich um, konnte jedoch niemanden entdecken.  Wieder ertönte dieselbe Frage. „Wer spricht denn da?“, wollte jetzt der Weihnachtsmann wissen. „Ich bin es, die alte Dampflok. In meinem Bauch ist noch genug Kohle und die Schienen sind auch noch heil. Ansonsten ist die Strecke gesperrt, wir haben keinen Gegenverkehr. Also was überlegst Du noch? Heize mich an und die Fahrt kann losgehen, dann kommen wir direkt in das Dorf zu den Kindern.“ „Keine schlechte Idee!“, bedankte sich der Weihnachtsmann.  Schnell lud er die Geschenke in den einzigen Wagen, den die Lok noch mit sich führte und losging die Fahrt. Den Rentieren hatte der Alte Futter aus dem Proviantsack gegeben und so warteten sie bis er wieder zurück war von seiner Fahrt.

Längst warteten die Kinder auf ihre Geschenke, da der Weihnachtsmann nicht kam, drückten sie sich ihre Nasen an den Fensterscheiben platt und so entging ihnen nicht, das aus der Dunkelheit die Lichter einer Lokomotive auftauchten. Schon ertönte weit hin hörbar ein Pfiff aus der alten Dampfmaschine. „Bei uns eine Dampflok, wo doch kein Zug mehr fährt?“, machte es in alle Häuser die Runde. Alle schlüpften in ihre Wintermäntel und rannten voller Neugier vors Haus. Die alte Lok hielt mitten im Dorf und ihr entstieg der Weihnachtsmann. Da bereits alle Kinder angelockt waren durch den Trubel, und um die alte Bahn herum standen, verteilte der Weihnachtsmann gleich hier die Geschenke. Das gab einen Jubel ganz besonderer Art. Nach der Bescherung brachte die brave Lok den Weihnachtsmann wieder zu seinen Rentieren. Nach einiger Zeit war der Schlitten repariert und die Fahrt ging ins Weihnachtsland zurück.

„Das war das schönste Weihnachtsfest!“ Darüber waren sich alle Kinder einig. Die Eltern nahmen sich vor die alte Lok wieder herzurichten und eine Strecke für eine Kinderbahn zu erstellen. Beim nächsten Sommerfest wurde die Kinderbahn eingeweiht und fuhr seit dem jedes Wochenende. © Christina Telker

 

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