Nichts ist oft so schwer, wie die Versöhnung. Will man selbst derjenige sein, der dem anderen entgegenkommt, heißt es zuerst über den eigenen Schatten zu springen. Selbst, wenn ich mich so weit durchgerungen habe; was mache ich, wenn der andere die Versöhnung nicht will? Es ist ein sehr schwieriger, manchmal unlöslicher Prozess, der den einen verzweifeln lässt und dem Gegenüber eine dicke Haut zulegt. Darum kam Lukas, der kleine Engel der Versöhnung auf die Welt.

Diesmal hätte er es einfach, dachte er, als er von dem Streit zwischen Karla und Anja erfuhr. Kinder sind schnell wieder zum Guten zu bewegen, meinte er. Eigentlich war ja "nur" Karlas Schutzengel zerbrochen beim Spiel. Ganz aus Versehen war Anja an das Schränkchen im Kinderzimmer gestoßen und schon lag diese kleine Porzellanfigur auf dem Boden in Scherben. Doch diesen kleinen Engel liebte Karla von ganzem Herzen. Sie hatte ihn von ihrer Oma zur Taufe geschenkt bekommen und nun war die geliebte Oma im vergangenen Jahr gestorben. Durch nichts war Karla zu trösten und die Freundschaft zwischen den Mädchen zerbrach. Nun meinte der kleine Engel Lukas, er könne Karla beeinflussen, indem er ihr ein paar liebevolle Gedanken sandte, doch daraus wurde nichts. Die Kinder wurden Jugendliche, sie wurden erwachsen und bekamen eigene Kinder.

Da, eines Tages im Urlaub, entdeckte Karla in einem kleinen Tante-Emma-Laden ihren Engel wieder. Ganz genauso, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Sofort kaufte sie ihn und erzählte ihren Kindern die Geschichte. Als sie geendet hatte, meinte ihre kleine Tochter: „Da wäre die Oma aber traurig, wenn sie gewusst hätte, dass eure Freundschaft durch ihren Engel zerbrochen ist." Von der Seite hatte Karla die Sache noch nie betrachtet.

Jetzt begann sie Anja zu suchen und es gelang ihr auch. Sie entschuldigte sich bei ihrer einstigen Freundin und erzählte von ihrem neuen kleinen Engel. Anja war sehr froh, dass dieser alte Streit, an den sie ihr Leben lang denken musste, endlich behoben war. Lukas konnte zwar den Streit nicht beheben, aber er hatte sich stets bemüht, der jungen Frau positive Gedanken zu senden. Gedanken, die die beiden Streithähne versöhnten. Karlas Kinder freuten sich sehr, dass auch sie ein wenig zur Versöhnung beitragen konnten und so zu helfenden Engel im menschlichen Alltag wurden. © Christina Telker 

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Ein Engel, der von Gott gesandt,

stiftet Frieden im ganzen Land,

er versöhnt, was entzweit

und verbindet, was getrennt,

er segnet uns mit liebender Hand.

 

Nicht Hader noch Zank soll zwischen uns sein,

dafür Verständnis und verzeihn.

Wenn wir mit den Augen des anderen sehn,

würde weniger Leid geschehn.

© Christina Telker

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